Zwei unterschiedliche Ansätze bezüglich der Beziehungen zu afrikanischen Ländern
Frankreich und Deutschland haben lange Zeit eine unterschiedliche Afrikapolitik betrieben, und zwar seit der Welle der afrikanischen Unabhängigkeit in den 1960er Jahren. Frankreich strebte damals vor allem enge bilaterale Beziehungen zu seinen ehemaligen Kolonien an, eine "françafrikanische" Politik, die oft als "neokolonial" kritisiert wurde, da sie darauf abzielte, den Einfluss von Paris in seiner ehemaligen Einflusssphäre auf Kosten der Menschenrechte zu sichern. Außerdem schrecke Frankreich nicht davor ab, militärische Gewalt anzuwenden, um seine Sicherheitsinteressen auf dem Kontinent zu schützen. Deutschland zeigte aufgrund seiner begrenzten kolonialen Erfahrung und der Tatsache, dass nur wenige Menschen aus Subsahara-Afrika in Deutschland leben, wenig Interesse an Afrika. Seit den 1970er Jahren hat sich jedoch eine Wende vollzogen: Die Bundesrepublik legt heute den Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents und seine "good governance" (Demokratie, Korruptionsbekämpfung usw.) in einem multilateralen Rahmen, wie von dem IWF oder der Weltbank vorgegeben wird. Auch wenn sich ihre Ansätze ursprünglich also diametral unterschieden, haben Frankreich und Deutschland ihre Positionierungen in Afrika seit den 2000er Jahren dennoch angenähert.
Auf dem Weg zu einer Übereinstimmung der Positionen?
Frankreich strebt heute eher danach, seine afrikanische Politik in einen multilateralen Rahmen einzubetten, indem es die Unterstützung der EU, von der mehrere Mitglieder zur Operation "Barkhane" beigetragen haben, oder der AU (Afrikanischen Union) sucht. Seine neue Afrikapolitik fügt sich in den "3D"-Rahmen ein: Diplomatie, Verteidigung, Entwicklung. Emmanuel Macron pflegt heute eher den Dialog mit der afrikanischen Jugend als mit den Staatsoberhäuptern um das Misstrauen zwischen Frankreich und seine ehemaligen Kolonien aufzuheben .[1]Deutschland hat seine Haltung zur Anwendung militärischer Gewalt auf dem afrikanischen Kontinent überdacht: Nachdem die Bundeskanzlerin Angela Merkel sich zunächst gegen die Entsendung von Soldaten ausgesprochen hatte, weil sie zivile und präventive Konfliktlösungen bevorzugte, entschied sie sich ab 2015 für die Unterstützung des Einsatzes der französischen Armee in Mali. Die Bundeswehr beteiligt sich an der europäischen Mission zur Ausbildung der malischen Armee (EUTM-M) und an der Mission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA). Die gemeinsamen Anstrengungen Frankreichs und Deutschlands tragen die Bemühungen der EU nach Afrika, insbesondere im Bereich der Entwicklungshilfe .[2]Paradoxerweise könnte diese Annäherung jedoch zu einem neuen Wettbewerb zwischen Frankreich und Deutschland führen.
Heute Partner und morgen Rivale?
Die Wiederentdeckung des afrikanischen Kontinents durch Deutschland gibt Frankreich Anlass zur Sorge. Schon 2011 betonte die deutsche Regierung die Bedeutung der privatwirtschaftlichen Verbindungen zwischen deutschen Unternehmen und dem dynamischen afrikanischen Kontinent. Seit 2017 vertritt Berlin die Idee eines "Marshallplans" für Afrika, d.h. "eine globale Strategie, die die Europäische Union, die Mitgliedstaaten und die Afrikanische Union einbeziehen und als Prioritäten den "fairen" Handel, die Erhöhung der Privatinvestitionen und die Stärkung des Unternehmertums festlegen würde", so Alexandre Robinet-Borgomano, Forscher am Institut Montaigne .[3]Mit dem Plan "Compact Africa", der den Handel zwischen Afrika und Europa unter der Schirmherrschaft der G20, der Weltbank, des IWF und der Afrikanischen Entwicklungsbank erleichtern soll, bekennt sich Deutschland zu seinem sehr Business-orientieren Ansatz auf dem afrikanischen Kontinent und nutzt damit seine im Vergleich zu Frankreich höhere Popularität. Eine weitere Sorge für Paris ist der mögliche Abzug der deutschen Truppen aus Mali, wodurch die Franzosen dort allein zurückbleiben würden .[4]Jedoch sind die Ziele der beiden Nachbarn dieselben geblieben, und zwar die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus, die Sicherung der Migrationsrouten und schließlich der Ausbau des Handels mit Afrika, was ermutigende Perspektiven für die europäische Zusammenarbeit in Subsahara-Afrika bedeutet.
[1] https://www.lemonde.fr/afrique/article/2022/04/04/election-presidentielle-2022-les-ambitions-bousculees-de-macron-l-africain_6120426_3212.html
[2] https://www.cairn.info/revue-allemagne-d-aujourd-hui-2021-2-page-129.htm
[3] https://www.institutmontaigne.org/blog/la-politique-africaine-de-lallemagne
[4] https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/bundeswehr-mali-einsatz-bundesverteidigungsministerin-christine-lambrecht