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Deutsch-französische Rüstungsprojekte: das große Missverständnis?

Das "Paar", der Motor Europas... Doch so viele Missverständnisse und verspätete Projekte in den letzten Jahren![1] Die Europäer, die durch Donald Trumps Doktrin "America First" in Bedrängnis geraten waren, haben daraus eine Schlussfolgerung gezogen: Man müsse sich in Zukunft auf seine eigenen Kräfte verlassen können und über eine europäische Strategie nachdenken, die von den USA losgelöst sei. Der Krieg in der Ukraine hat dieses Gefühl wiederbelebt. Emmanuel Macron und Angela hatten aus diesem Grund versucht, die GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) der Europäischen Union zu stärken und deutsch-französisches Militärmaterial zu entwickeln. Die beiden Nachbarn schienen sich in den Flitterwochen zu befinden, als sie 2019 den Vertrag von Aachen unterzeichneten. Als Olaf Scholz im März 2022 eine Erhöhung des Bundeswehretats und einen "Sonderfonds" in Höhe von 100 Milliarden Euro zur Modernisierung der deutschen Armee ankündigte, schien er Paris’ Forderungen nachzugehen. Dabei sollte zwei große Missverständnisse nicht vergessen werden.

Zwei unterschiedliche Auffassungen von der NATO und der Armee

1) Der Platz der Europäer in der NATO. Während der französische Präsident eine stärkere Unterstützung der Europäer für die französischen Feldzüge auf internationaler Ebene, in erster Linie in der Sahelzone, im Visier hatte und sich dabei von der Bevormundung durch die USA befreien wollte, betrachten die Deutschen die « strategische Autonomie » der Europäer ein Projekt im Rahmen der NATO, das vor allem als Signal nach Washington gelten soll.[2] "Europäischer werden, um transatlantisch zu bleiben" ist das deutsche "Motto", was die empörten Reaktionen erklärt, als Emmanuel Macron vom "Hirntod" der NATO sprach.

2) Der Blick auf die Rolle der Arme ist auf beiden Seiten des Rheins sehr unterschiedlich. Die deutsche Parlamentsarmee wird in erster Linie als eine defensive Kraft betrachtet, sei es zur Verhinderung schwerer Menschenrechtsverletzungen oder ganz allgemein zum Schutz des Staatsgebiets. Und nicht als Interventionsinstrument auf weit entfernte Einsatzgebiete.[3]Dies erklärt die Verzögerungen bei den deutsch-französischen Rüstungsprojekten. Zunächst das FACS (Future Air Combat System), das aus Kampfflugzeugen und Drohnen besteht. Das Flugzeug, das der Nachfolger der französischen Rafale und der deutschen Eurofighter sein soll und von Dassault und Airbus gebaut wird, ist heute Gegenstand einer Auseinandersetzung zwischen Paris und Berlin.[4]Die Vorbehalte Frankreichs, seine industriellen und technologischen "Geheimnisse" mit dem deutschen Nachbarn zu teilen, die hohen Kosten des Projekts (voraussichtlich über 4 Milliarden Euro) und die mangelnde Transparenz der Verträge schüren das Misstrauen der Deutschen gegenüber den Franzosen, während letztere den Deutschen vorwerfen, den Großteil der industriellen Rüstungsproduktion an sich reißen zu wollen das Projekt zu bremsen - insbesondere was den Export von Rüstungsgütern anbelangt.[5]Im Hintergrund stehen strategische Konflikte: Deutschland will nur Verteidigungsflugzeuge, während die Franzosen den Bau eines Mehrzweckkampfflugzeugs planen. Diese Schwierigkeiten finden sich auch beim Bau des gemeinsamen Panzers MGCS, der europäischen MALE-Drohne (Medium Altitude Long Endurance) Eurodrone und des Seepatrouillensystems MAWS (Maritime Airborne Warfare System) wieder.[6].

Paradigmenwechsel oder "schöne Worte"?

Welche Zukunft haben diese Projekte, jetzt wo die Bundeswehr sie modernisieren möchte? Berlin hat kürzlich amerikanische F35 gekauft, was Paris Sorgen bereitet. Auch wenn Frankreich im Koalitionsvertrag nur am Rande erwähnt wird, beschreibt Olaf Scholz die laufenden Projekte als "absolute Prioritäten".[7]Es bleibt abzuwarten, ob diese ermutigende Rhetorik zu Ergebnissen führt, die den kommenden Herausforderungen gerecht werden.


[1]https://www.lettrevigie.com/blog/2020/04/28/la-vigie-n-141-leurope-et-son-centre-resilience-ce-mot-magique-lorgnette-desaccords-europeens/, 29 avril 2019

[2]Keim M., Kempin R., « Strategische Autonomie Europas: Das deutsch-französische Missverständnis », SWP, 30/11/2020

[3] Maurice P., « Un pacifisme à géométrie variable. Les partis allemands et la participation de la Bundeswehr à des opérations extérieures », Notes du Cerfa, n° 160, avril 2021 

[4] Puhl D. (2020), La coopération en matière d’armement entre la France et l’Allemagne. Un terrain d’entente impossible?, Visions franco-allemandes, n° 31, novembre 2020

[5]https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-06/ruestungsprojekt-fcas-kosten-verteidigungsministerium-eurofighter-luftkampf-widerstand/komplettansicht, 22/06/2021

[6]https://www.marianne.net/societe/defense/pourquoi-couple-franco-allemand-se-dechire-autour-du-scaf-le-projet-davion-du-futur, 19/03/2021

[7] https://www.latribune.fr/opinions/les-pieges-du-rearmement-allemand-pour-la-france-907088.html

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